
Der neue Roman „Die Verdorbenen“ von Michael Köhlmeier hat es in vielerlei Hinsicht in sich und wirft viele Fragen auf – klingt skeptisch? Ist es aber nicht, sondern mal wieder ein rundum gelungenes Erzählwerk von Köhlmeier. „Erzählwerk ist vielleicht die richtige Typologie, denn genau das kann Köhlmeier bestens: erzählen! Und so mag man dieses kleine Büchlein mit einem Umfang von etwa 180 Seiten auch auf beiseite legen und – vielen wird es so ergehen – in einem Rutsch weglesen. Wenn der Leser dann am Ende ankommt, ist es aber nicht weg-gelesen, denn es bleiben zu viele Fragen offen.
Zum Inhalt
Der junge Johann kommt Anfang der Siebziger Jahre als Student nach Marburg an der Lahn, wird dort Tutor und lernt die wortkarge Christiane und ihren Freund Tommi kennen. Nach einem nahezu wortlosen Spaziergang um einen See eröffnet Christiane Johann, dass sie nun zu ihm ziehe, da sie ihn liebe. Johann ist hiervon überrumpelt und entzieht sich der Situation, doch nur wenige Wochen später entwickelt sich zwischen den dreien ein düsteres Beziehungsdreieck.
Fazit
Das Buch fesselt. Schon auf den ersten Seiten wird eine Spannung aufgebaut, die sich durch den gesamten Text zieht. Johann wurde als Kind von seinem Vater gefragt, was denn sein Herzenswunsch sei, den er sich in seinem Leben einmal erfüllen möchte. „Einmal im Leben möchte ich einen Mann töten“ ist Johanns Wunsch, den er sich aber nicht traut seinem Vater gegenüber zu offenbaren. Doch dieser Wunsch durchdringt den ganzen Text und man ahnt oder befürchtet stets, was gleich passieren wird…. doch es kommt alles ganz anders.
Das Buch fesselt aber auch, weil wir am Ende nicht erklärt bekommen: wie wurden die Menschen zu denen, die sie sind.
Eine grandiose Lektüre, die zum erneuten Lesen einlädt – trotz des Wissen auch bei zweiten und dritten Male keine Antworten zu erhalten.